| | Deutschland prüft Einfuhrverbote für Rindfleisch Wegen der unzureichenden Kennzeichnung von britischem Rindfleisch in anderen EU-Staaten prüft Deutschland derzeit Importverbote gegen mehrere EU-Partner. Deutschland hatte das bereits bestehende Importverbot für britisches Rindfleisch zum 1. April 2000 unter der Bedingung einer Kennzeichnungspflicht wieder aufgehoben, die eine lückenlose Rückverfolgung bis zum Erzeugerbetrieb gewährleistet. Laut einer Umfrage der EU-Kommission unter den Mitgliedsstaaten kommen dieser Pflicht neben Deutschland aber nur Belgien, Irland und Luxemburg tatsächlich nach. In Russland, Ungarn und Polen sind bereits Importbeschränkungen wirksam. EU-Vorschriften für Futtermittel bieten kaum Schutz vor BSE Die EU-Kommission bezweifelt die Wirksamkeit von Rindfleisch-Importverboten. Die betroffenen Länder würden inzwischen die schärfsten BSE-Tests in der EU durchführen. Nach Auffassung von EU-Verbraucherkommissar David Byrne sind vielmehr verseuchte Futtermittel die Hauptquelle für die Ausbreitung von BSE. Er plädiert deshalb für eine grundsätzliche Änderung der Vorschriften für Futtermittel. Nach wie vor darf Tiermehl aus Kadavern und Abfällen an Schweine und Hühner in der EU verfüttert werden, wenn es vorher eine bestimmte Zeit unter Hochdruck erhitzt wurde. Für Rinder, Ziegen und Schafe dagegen gilt seit 1994 ein Fütterungsverbot. Positiv-Liste für Bestandteile von Tierfutter erforderlich Was nicht verfüttert werden darf regelt eine EU-weit gültige Negativ-Liste, die seit 1992 in Kraft ist. Klärschlamm fällt darunter, Kot und Urin, Leder, Lederabfälle oder etwa mit Holzschutzmittel behandeltes Holz oder Sägemehl. Alles andere darf dem Tierfutter beigemengt werden, eingeschläferte Hauskatzen, Hunde, Hamster oder Meerschweinchen etwa, aber auch altes Frittierfett sowie Sägemehl und Holz, sofern es nicht behandelt worden ist. Schon seit Jahren kämpft die EU-Kommission darum, statt dessen eine Positiv-Liste einzuführen. Doch bislang sind alle Versuche an den EU-Landwirtschaftsministern gescheitert. Jetzt unternimmt die Kommission einen neuen Anlauf. Demnach sollen nur noch solche Abfälle zu Tiermehl verarbeitet werden, die einer genauen veterinärmedizinisch Untersuchung unterzogen werden, und die letztlich auch für den menschlichen Verzehr unbedenklich wären. Alle anderen Tierabfälle sollten entweder vollständig verbrannt, auf besonderen Deponien als Abfall entsorgt werden oder allenfalls für Zwecke außerhalb der Tiernahrung Verwendung finden. Nur so, ist sich Byrne sicher, kann gewährleistet werden, "dass der höchste Standard des Gesundheitsschutzes für Mensch und Tier erreicht wird". Großbritannien hat nach wie vor die meisten BSE-Fälle Der Höhepunkt der BSE-Krise war im Jahr 1992 erreicht. Allein in Großbritannien gab es mehr als 37.000 Fälle von Rinderwahn. Fast vier Jahre dauerte es, bis ein EU-weites Exportverbot für "british beef" verhängt wurde. Am 1. August 1999 wurde es wieder aufgehoben, nachdem Großbritannien umfangreiche Untersuchungen und Vorsorgemaßnahmen eingeführt hatte. Seitdem darf nur Rindfleisch, dass aus zwei speziell kontrollierten Schlachthöfen stammt, in die EU exportiert werden. Zwar nimmt in Großbritannien die Zahl der BSE-Fälle ab, allerdings werden nirgendwo in der EU mehr BSE-Erkrankungen gezählt als jenseits des Kanals. Sorgen bereitete der EU-Kommission auch die Situation in Portugal, wo die Zahl der BSE-Fälle bis zum vergangenen Jahr auf 170 stieg, in diesem Jahr aber auf 99 sank. Für Frankreich werden knapp 80 BSE-Fälle aufgelistet. Noch keine eindeutigen Forschungsergebnisse Noch fehlt der wissenschaftliche Beweis, dass sich Menschen durch den Verzehr von Rindfleisch mit dem BSE-Erreger infizieren und an der neuen Variante der tödlichen Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (nv-CJK) erkranken können. Rund 60 Menschen sind in Großbritannien seit Mitte der neunziger Jahre an der neuen CJK-Variante gestorben, mehr als 20 allein in diesem Jahr. Wissenschaftler haben nun Beruf, Krankengeschichte und Ernährungsgewohnheiten von 51 Opfern untersucht. Einen Zusammenhang zwischen der konsumierten Rindfleischmenge und nv-CJK konnten die Forscher zwar nicht nachweisen, wollten ihn aber auch nicht ausschließen. Möglicherweise ist für eine Infektion eine einzige stark verseuchte Rindfleischportion gefährlicher, als wenn dieselbe Menge des BSE-Erregers in mehreren Mahlzeiten verteilt in den Körper gelangt. So vermutet Professor Detlev Riesner von der Universität Düsseldorf als Quelle der nv-CJK-Infektionen kleine Landschlachtereien. Dort würden jeweils nur wenige Rinder geschlachtet. Das Hirn eines BSE-kranken Tieres könnte genügen, um Wurstwaren in hoher Konzentration zu verseuchen. Lesen Sie auch das Kapitel BSE & Co.. Datum: | 8. 11. 2000 | Autor: | Wieland Welsch, Thomas Nowak |
|