| | Hamburg: Gartenkolonie auf Giftmüllhalde Im Hamburger Stadtteil Steilshoop ist in einer Kleingartenkolonie ein schrecklicher Verdacht aufgekommen: Sind Verunreinigungen im Gartenboden für mehrere Krebsfälle verantwortlich? Der Kleingartenverein (KGV) 551 "Drei Wege e.V." an der Steilshooper Straße: Als der Vorsitzende Niels Woidin um die Jahresmitte 1999 hörte, dass schon wieder einige seiner Parzellen-Nachbarn an Krebs erkrankt waren, begann er sich zu sorgen. Woidin fragte nach und war entsetzt über immer mehr Fälle, die er zu Tage förderte. Allein in den vergangenen zwei Jahren habe er sechs neue gezählt, sagte er dem "Hamburger Abendblatt". 24 seien es in den vorigen acht Jahren insgesamt gewesen. 21 von ihnen - im Alter zwischen 38 und 80 Jahren - seien bereits verstorben. In 16 der 57 Parzellen, habe die schreckliche Krankheit zugeschlagen. Besonders häufig mit Leberkrebs und Krebsen des Verdauungstraktes. Damit ist die Krebs-Todesrate im KGV "Drei Wege" mutmaßlich um ein Vielfaches höher als der deutsche Durchschnitt. Ein Arzt bestätigte diese Auffassung gegenüber der Zeitung. Eigene "Grabungen" des Vorsitzenden förderten einen schwefelig-säuerlich stinkenden Aushub zutage, der aus Müll und auch pharmazeutischen Resten bestand. Das zuständige Bezirksamt überprüfe den Sachverhalt und bestritt nach einem Monat, dass eine Häufung von Erkrankungen vorliege. Auf weiteres Nachhaken wurde jedoch die Gesundheitsbehörde eingeschaltet, die Bodenuntersuchungen vornahm. Ergebnis: "Krebserzeugende Stoffe ja, Erkrankungen dennoch unwahrscheinlich." Gefunden wurden Arsen und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK). Der Arsenwert überschreitet in 7 von 18 beprobten Parzellen den Richtwert für Nutzpflanzenanbau (50 mg/kg). Der höhere Richtwert jedoch, der in Hamburg als Grenze zur Gesundheitsschädigung betrachtet wird (100 mg/kg), ist nirgends erreicht. Daher wird nahezu ausgeschlossen, dass die Arsenwerte an dem Krebsgeschehen beteiligt sind. Dennoch hat die Umweltbehörde "um die Restrisiken zu verringern" folgende Empfehlungen ausgegeben: - Rasenflächen sollten eine geschlossene Grasnarbe aufweisen,
- oberer und unterer Boden sollten nicht durchmischt werden,
- neue Beete sollten mit 30 Zentimeter Erdreich, das nicht aus dem Kleingartengelände stammt, abgedeckt werden,
- offene Bodenflächen sollten mit Mulch abgedeckt werden,
- Sandkisten sollten nach unten hin abgegrenzt werden,
- besonders beanspruchte Bereiche auf Spielplätzen, etwa unter Schaukeln, sollten mit Spielplatzmatten versehen werden,
- selbst angebautes Obst und Gemüse sollte gründlich gereinigt oder geschält werden.
Diese Hinweise, zusammen mit den Giftfunden, tragen natürlich wenig zur Beruhigung bei. Neben den oben genannten Stoffen wurde Blei in Grenzwertnähe gefunden, zum Teil mit Überschreitungen. Ursache für die brisanten Funde ist eine "Aufhöhung" aus den 20er und 30er Jahren, die mit einem Sand-Müll-Gemisch vorgenommen wurde. Diese Art der offenen Deponierung war damals durchaus üblich. Es ist davon auszugehen, dass in der Angelegenheit da letzte Wort noch nicht gesprochen ist. Die nachgewiesenen Krebsfälle werden sich ursächlich nicht auf bestimmte Schadstoffe zurückführen lassen. Ob jedoch wirklich keine unnatürliche Häufung vorliegt, ist noch nicht geklärt und wird nochmals untersucht werden müssen. Links:
Datum: | 5. 2. 2001 | Quelle: | Hamburger Abendblatt, Umweltbehörde Hamburg, enius | Autor: | Eckart Willer |
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