Biolösliche Mineralfasern - Gesundheit trotzdem gefährdet? Bei der krebserzeugenden Wirkung von mineralischen Fasern spielen zwei Faktoren eine große Rolle: - Die Größe der Faser - sie entscheidet darüber, ob körpereigene Fresszellen (Makrophagen) die Zellen umschließen können, um sie abzutransportieren. Bei bestimmten Größen (und bei bestimmten Verhältnissen von Länge zu Dicke der Faser) ist das nicht möglich; eine Keimzelle für Krebs entsteht. Vor allem Asbestfasern haben die entsprechenden Abmessungen.
Krebserkrankungen durch Asbest zählen auch heute noch zu den am häufigsten gemeldeten Berufserkrankungen. Es handelt sich dabei um Spätfolgen aus Arbeit mit Asbest. - Die sogenannte Biolöslichkeit besagt, wie gut die Faser in unserem Körper aufgelöst werden kann. Denn auch Mineralfasern sind löslich. Nicht in Wasser oder Alkohol, aber in bestimmten Säuren oder Enzymlösungen kann ein langsamer Lösungsprozess vonstatten gehen. Daher ist auch unser Körper in der Lage, diese Fasern zu lösen.
Asbest ist praktisch unlöslich. Die Mineralfasern früherer Generationen waren im Körper ebenfalls sehr langlebig; heute sind die "biologischen Halbwertszeiten" der Fasern von seinerzeit 300 Tagen auf 40 Tage gesunken. Erreichen konnte man dies durch Veränderungen in der Zusammensetzung der Mineralien.
Die erhöhte Biolöslichkeit gilt als entscheidender Schritt, den Fasern ihre Gefährlichkeit zu nehmen. Im Rattenversuch sind die neueren Fasern 1000mal weniger krebserzeugend. Die Mineralwollhersteller haben ihre Produktion allesamt umgestellt und sind nun froh, die Diskussion um Mineralfasern endlich hinter sich zu haben. Doch nun droht die Diskussion aus einer anderen Ecke wieder aufzuflackern: Die Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg und die Gesellschaft für Umweltmessungen und Umwelterhebungen (Studie: "Schwebstaubbelastung in Baden-Württemberg") warnen: "Der insgesamt zu beobachtende Rückgang der Gesamtstaub-Emissionen bedeutet nicht, dass das Gefährdungspotenzial in gleichem Maß abgenommen hat. Durch die Abluftreinigung wird vorwiegend der Grobstaub abgeschieden, der mengenmäßig stark ins Gewicht fällt. Die verbleibenden Restemissionen weisen einen erhöhten Anteil an Feinstaub auf, der aus gesundheitlicher Sicht die bedenklichste Fraktion darstellt." Im selben Beitrag heißt es, dass toxische Substanzen an diesen Feinststaubpartikeln andocken können. In Versuchen mit Meerschweinchen habe sich gezeigt, dass gewisse chemische Verbindungen sich als um das Zehnfache wirksamer erwiesen, wenn sie an Feinststaubpartikel gebunden waren. Daher kann auch kritisiert werden, dass die Rattenversuche nur mit reinen Fasern vorgenommen wurden. Im Handel befindliche Mineralwollprodukte können aber z.B. mit Klebstoffen gefertigt sein, oder sie kommen beim Einbau damit in Berührung. Dadurch könnten sich die toxischen Wirkungen der Substanzen stark erhöhen. Für den Praktiker ergibt sich daraus die Folgerung: Mineralfaserprodukte immer nur mit Staubmaske verarbeiten. Die Dämmstoffe sind heute wesentlich verträglicher als früher, aber der endgültige "Unschuldsbeweis" ist noch lange nicht erbracht.
Datum: | 8. 12. 2000 | Quelle: | enius | Autor: | Eckart Willer |
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