Missachtet der Babynahrungsproduzent HIPP den Verbraucherschutz? (vera) Beim Rückruf von Lebensmitteln hat die Öffentlichkeit keinen gesetzlich geregelten Anspruch auf für sie kaufentscheidende Informationen. Im Klartext bestimmt der Hersteller, was er mitteilt und was er verschweigt. Zu diesem Ergebnis kommt die Aktionsgruppe Babynahrung (Göttingen) nach der Analyse des bisher in Deutschland einmaligen Rückrufs von Chargen des Milchpulvers HA1 am 29. September 2000 durch das Unternehmen Hipp. Tausenden Eltern wird bis heute die Nachricht vorenthalten, dass sie ihre Babies ahnungslos und über lange Zeit mit dem Fünffachen der zulässigen Menge des Schwermetalls Kupfer gefüttert haben. Kupfer ist toxisch und kann Zellen der Leber und der Nieren zerstören. Betroffen waren insgesamt drei Chargen des Produkts. In der Mitteilung des Unternehmens hieß es lapidar: "Rezepturabweichung bei Mineralstoffen". Hipp hat weder offengelegt, wieso ein derartiger Produktionsirrtum unbemerkt bleiben konnte, noch, wie viele Monate dieses Produkt schon so verkauft worden war. Unwidersprochen blieb bis heute auch die Behauptung des Unternehmens, es habe den Fehler festgestellt – das ist unrichtig: Erst eine Routinestichprobe der Lebensmitteluntersuchungsanstalt Chemnitz löste den Alarm aus. Da waren laut Hipp bereits 20 010 Pulverpackungen ausgeliefert. Die Aufklärung der Öffentlichkeit wird geregelt durch das Lebensmittelrecht und das Produktsicherheitsgesetz. Dabei wird "eine grundrechtlich geschützte Position des Herstellers" berücksichtigt. Erst wenn das Unternehmen trotz behördlicher Aufforderung nicht informiert, dürfen die Behörden einschreiten. Welche Informationen – das ist nicht geregelt. Im Fall Hipp genügte "Rezepturabweichung bei Mineralstoffen" zur Beschreibung bedenklicher Zufuhrmengen an Schwermetall. Deshalb fordert die Aktionsgruppe Babynahrung das Bundesministerium für Gesundheit und Verbraucherschutz auf, die gesetzlichen Bestimmungen zu verschärfen. Die Interessen der Hersteller dürfen nicht länger einem besonderen Schutz unterliegen, besonders dann nicht, wenn diese "grundrechtlich geschützte Position des Herstellers" Gesundheitsschäden beim Verbraucher zur Folge haben kann. Datum: | 19. 3. 2001 | Quelle: | Verbraucher-News |
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