| | Paraffin macht Baustoffe zu hervorragenden Wärmespeichern Forscher des Fraunhofer Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) entwickeln derzeit zusammen mit Partnern aus der Industrie neuartige Baustoffe, die durch einen Zusatz aus mikroskopisch kleinen Paraffinwachs-Kügelchen die Wärme besser speichern. Die Wissenschaftler nutzen dabei den Phasenwechsel des Paraffinwachs von fest zu flüssig: Steigt die Raumtemperatur über 22 Grad, beginnt das Wachs in den Baustoffen zu schmelzen. Bei diesen Vorgang wird Wärme "verbraucht", die sonst zu einem Temperaturanstieg im Raum geführt hätte. Die am Schmelzpunkt des Paraffinwachs aufgenommene Wärmeenergie bewirkt, das die starken Bindungskräfte zwischen den Molekülen gelöst werden und sich das Wachs verflüssigt. Dabei bleibt die Temperatur konstant. Erst im flüssigen Zustand, wo die Moleküle beweglicher sind, führt Energiezufuhr auch zu stärkeren Molekülbewegungen, die dann als Erwärmung deutlich werden. Durch Nachtlüftung werden die Wände wieder kalt und das Paraffinwachs fest. Dieser Phasenwechsel bei Zimmertemperatur ist der Grund für das deutlich bessere Wärmespeichervermögen der neuartigen Baustoffe gegenüber herkömmlichen. Eine drei Zentimeter dicke Wand erreicht nach Aussage der ISE-Wissenschaftler den Wärmekomfort einer 40 Zentimeter starken Betonwand. Räume bleiben so im Sommer angenehm temperiert und kühlen im Winter nicht so schnell aus. In vielen Fällen wird damit die konventionelle Klimaanlage überflüssig. Das spart Energie und entlastet die Umwelt. Damit das Paraffinwachs, ein so genanntes Phasenwechselmaterial (englisch: Phase Change Materials, abgekürzt PCM), die Eigenschaften des umgebenden Baustoffs nicht beeinträchtigt, darf es ihn nicht berühren. Die Firma BASF AG, Projektpartner des ISE, stellt das PCM daher in mikroverkapselten Kügelchen von einem fünfzigstel Millimeter Durchmesser her. Zusätzlich entsteht durch die Mikroverkapselung eine große innere Oberfläche, so dass die Wärme rasch von der Umgebung an das Wachs übergeht. Drei weitere Industriepartner entwickeln aus dem PCM Putze und Gipsprodukte (Firma Maxit), Farben, Spachtelmassen und Putze (Caparol-Firmengruppe/ Deutsche Amphibolin-Werke) sowie Schaumglasplatten zur Dach-, Wand- und Deckendämmung (Sto AG). Neben der Verarbeitung in Baustoffen lassen sich PCM auch in anderen technischen Bereichen einsetzen: "Im Prinzip kann man PCM überall nutzen, wo auf kleinem Raum eine hohe Wärmespeicherfähigkeit erwünscht ist, wie bei Wärmetauschern, Wärmeträgermedien oder Wärmespeichern. Der Temperaturbereich von PCM kann bei der Produktion zwischen -10 und 80 Grad Celsius eingestellt werden. So würde ein Warmwasserboiler mit PCM nur etwa halb so groß sein wie bisher und die Wärme besser halten", erklärt Hans-Martin Henning, Projektleiter am ISE. Zum Jahresende sollen die neuen Baumaterialien in den Handel kommen. |