| | Können Häuser „atmen“? Die Formulierung "atmende Häuser" und "atmende Wände" taucht immer wieder auf, vor allem von Baubiologen wird sie gerne verwendet. Um es vorweg zu sagen: Häuser atmen nicht, und vernünftig gebaute Häuser haben auch noch nie geatmet, auch vor den Zeiten der zunehmenden Wärmedämmung. Der Begriff beruht aus einem scheinbar plausiblen Grundgedanken: "Ich atme, meine Haut atmet, und das Haus ist ja schließlich meine dritte Haut." Auch das unbestreitbar gehäufte Auftreten von Schimmelproblemen wird mit "nicht atmenden Wänden" begründet. Hier liegen jedoch etwas schwierigere (aber eigentlich wesentlich plausiblere) bauphysikalische Vorgänge zugrunde, die mit dem Verhältnis von Wärmedämmung durch Fenster und Wände zu tun haben. Luft kann nicht durch Wände ausgetauscht werden, es sei denn sie haben Löcher oder undichte Fugen. Bei nicht dampfdichten Konstruktionen sind zwar Diffusionsvorgänge möglich, aber die Stoffströme sind ausgesprochen gering und reichen weder aus, Luftfeuchtigkeit abzuführen noch die Frischluftversorgung zu sichern. Beides kann nur durch Lüften erfolgen. Wichtig ist durchaus, dass die Diffusion von Wasserdampfmolekülen nach außen hin möglich ist. So kann Nässe aus der Bauzeit oder sonstigen Quellen aus dem Mauerwerk abtrocknen. Dieser Vorgang wird von fachgerechten Dämmmaßnahmen aber nicht behindert. Worauf es bei Massivbauweise ankommt ist allein eine von innen nach außen zunehmende Diffusionsoffenheit (also schweres, schlankes, relativ dampfdichtes Mauerwerk mit möglichst diffusionsoffener Außenputzschicht), damit mögliche Feuchteanteile der Wand, dem Dampfdruckverlauf folgend, außen ungehindert ausdiffundieren können. Der größte Unfug ist es, sich die alten, klapprigen, zugigen Fenster zurückzuwünschen, die einem ja tatsächlich einen Teil des täglichen Lüftens erspart haben. Sie führten aber zu unkontrolliertem Wärme- und damit Geldverlust, und bei stärkerem Wind waren Zugerscheinungen die Folge, die der Gesundheit abträglich sind. Hier gilt die Grundregel, dass nie die Fenster vor den Außenwänden renoviert werden sollten, sonst können Probleme auftreten. Siehe auch Fenster nicht unbedacht erneuern. Ein gänzlich anderer Aspekt, der mit der ominösen "Atmung" zuweilen verwechselt wird, ist das Feuchtigkeits-Aufnahmevermögen der Innenwände. Die Luftfeuchtigkeit kann sich sehr schnell verändern - durch unseren Aufenthalt, Kochen etc. Wenn diese Veränderungen von der Innenwand schnell aufgenommen werden können, ist das für das Wohnklima von Vorteil. Die aufgenommene Feuchtigkeit kann dann zu gegebener Zeit wieder an die Raumluft abgegeben werden. Die Feuchtigkeit wandert aber nicht nach außen ab, sondern bleibt letztendlich innen und wird zu gegebener Zeit wieder an die Raumluft abgegeben und durchs Fenster abgelüftet. Auch plötzlich trockene Luft kann so eine Zeitlang durch nachgelieferte Feuchte aus dem Putz angefeuchtet und somit ausgeglichen werden. Besonders geeignete Putz-Materialien sind dazu Kalk und Lehm. Weniger geeignet ist Beton.
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