Reizgas aus Computertischen Immer mehr Deutsche bringen ihren Heim-Computer auf einem PC-Tisch aus dem Möbel-Mitnahmemarkt unter. Praktisch und preiswert lautet die Devise beim Kauf – schließlich war der PC teuer genug. Doch mit Computer-Möbeln kann man sich eine Menge Schadstoffe ins Heimbüro holen. Das zeigt ein neuer Test der Zeitschrift Öko-Haus. Von acht getesteten Computer-Tischen aus verleimten Holzwerkstoffen empfiehlt das Frankfurter Verbrauchermagazin kein einziges ohne Abstriche, zwei erreichen immerhin das Prädikat "mit Einschränkung empfehlenswert". In fünf der preiswerten Möbel vom Baumarkt oder aus dem Versandhandel fanden sie relevante Mengen Formaldehyd. Das allergieauslösende und krebsverdächtige Gas wird an die Raumluft abgegeben. Drei der Produkte waren stark mit Blei belastet, das aus Holzschutzmitteln stammen kann oder aus alten Farbresten, die in beigemischtem Holzrecycling enthalten sein können. Der Schadstoffgehalt ist jedoch keine Frage des Preises. Gerade der preiswerteste Tisch im Test gab keine messbaren Mengen an Formaldehyd ab. Zudem war dieses Computer-Möbel auch frei von Schwermetallen. Das Fazit von Öko-Haus lautet: Auch beim schnellen Einkauf von Zweckmöbeln sollten die Kunden auf Qualität achten und auf gesundheitlich unbedenkliche Materialien wie z.B. umweltfreundlich behandeltes Massivholz oder Edelstahl. Gefundene Schadstoffe Das allergieauslösende und krebsverdächtige Gas Formaldehyd stammt vermutlich aus dem Kleber. 80 bis 90 Prozent aller Holzwerkstoffe werden heutzutage und wohl auch in naher Zukunft mit Klebstoffen auf Basis von Formaldehyd hergestellt. Eine mögliche Alternative sind PMDI-Platten, die als "E0 formaldehydfrei" ausgewiesen werden. Doch sie bieten sich nur auf den ersten Blick an: Von den etwa drei Mal so teuren Platten strömt zwar kein Formaldehyd aus, dafür werden im Herstellungsprozess giftige Isozyanate verwendet. In der Produktion kommt die Chlorverbindung Phosgen zum Einsatz, ein aus dem Ersten Weltkrieg bekanntes Kampfgas. Für dessen Verarbeitung gelten strenge Sicherheitsvorschriften und in den PMDI-Platten sind diese Stoffe nicht mehr nachweisbar – trotzdem sollte man nicht den Teufel mit dem Beelzebub austreiben. Eine praktikable Lösung des Problems ist die Reduzierung der Formaldehyd-Emission. Technisch machbar sind gegenwärtig Werte von 0,02 bis 0,06 Milligramm pro Kubikmeter (mg/m³). Allerdings können schon Konzentrationen von 0,05 mg/m³ bei empfindlichen Menschen die Schleimhäute reizen. Die von Öko-Test ermittelten Werte liegen in fünf Fällen darüber und damit auch über dem Grenzwert für den Blauen Engel. Ein Problem bringen die verleimten Holzwerkstoffe generell mit sich: Sie bestehen größtenteils aus Kunststoff. Das ist aus ökologischer Sicht bedenklich, weil kostbare Ressourcen verbraucht werden. Zudem können Kunststoffoberflächen nicht das Raumklima regulieren, wie geölte oder gewachste Holzoberflächen, die Luftfeuchtigkeit aufnehmen und wieder abgeben. Der Gehalt an Schwermetallen sollte aus ökologischen Gesichtspunkten so gering wie möglich sein. Nach dem Umweltsiegel des TÜV Süddeutschland sind beispielsweise 16 Milligramm Blei pro Kilogramm (mg/kg) erlaubt. Drei Produkte lagen darüber. Das Blei stammt wohl aus Holzschutzmitteln oder Farbbeschichtungen von recyceltem Holz. Einige Hersteller mischen offenbar belastetes Altholz mit Frischholz. Flüchtige aromatische Kohlenwasserstoffe waren in den Tischen kein Problem. Sie werden häufig als Lösungsmittel eingesetzt. Einige wie Benzol sind stark giftig. Stattdessen entdeckten die Chemiker in einem Computertisch Butoxyethoxyethylacetat, ebenfalls ein Hilfsstoff aus dem Kleber, der Augen und Haut reizen kann. Der Wert lag mit 0,27 mg/m³ zwar auffällig hoch. Der Stoff ist laut Umweltbundesamt jedoch mindergiftig. In keinem Computertisch konnten erfreulicherweise lösliche halogenorganische Verbindungen oder PVC nachgewiesen werden. Was tun? Wer in puncto Schadstoffe ganz sicher gehen will, fährt mit unbehandelten Massivholzmöbeln am besten. Sie lassen sich mit Leinöl oder lösungsmittelfreien Lasuren streichen. Metallmöbel aus Edelstahl sind nicht nur trendy, sondern auch eine glänzende Alternative, wenn Sie Wohngifte wie Formaldehyd vermeiden wollen. Wenn Sie Atembeschwerden, Hustenreiz, geschwollene Schleimhäute oder häufig Kopfschmerzen haben, könnte Formaldehyd in Möbeln dafür verantwortlich sein. Sie können Bohrlöcher und Kanten mit Acryllack oder Lacken auf Naturbasis versiegeln. Steht der PC-Tisch schon längere Zeit in der Wohnung, dürften sich ausgasende Schadstoffe aber weitgehend verflüchtigt haben. Bei Rauchern fällt Formaldehyd aus Möbeln weniger ins Gewicht, da Zigarettenrauch wesentlich mehr davon enthält. Wenn Sie Computer-Möbel kaufen, sollten Sie auch auf die Ergonomie achten. Die Tischhöhe stimmt, wenn Unter- und Oberarme etwa einen rechten Winkel bilden. Möbel, die ergonomische Mindestmaße erfüllen, tragen das GS-Zeichen. Das TÜV-Rheinland-Siegel kennzeichnet besonders arbeitsfreundliche Möbel. Ab 2000 Mark bietet der Handel gute ergonomische PC-Arbeitsplätze an. Datum: | 13. 3. 2001 | Quelle: | Öko-Test | Autor: | bearbeitet von Wieland Welsch, Thomas Nowak |
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