Der Albtraum von Seveso ist auch nach 25 Jahren noch nicht vorbei Bis zum 10. Juli 1976 war Seveso nicht mehr als der Name eines norditalienischen Städtchens – heute ist Seveso Synonym für Chemie-Unfälle und als Seveso-Gift bezeichnet man einen der giftigsten Stoffe, die es überhaupt gibt. Auch wenn es offiziell keine Todesopfer zu beklagen gibt, sind Spätfolgen durch das schwer abbaubare und sich im Körper anreichernde Gift eine ständige Bedrohung für die Betroffenen. In der Chemiefabrik ICMESA platzte am Tag der Katastrophe ein Sicherheitsventil. Aus dem Reaktor in einer Produktionshalle entwich unbemerkt eine Gaswolke. Bevor das Leck entdeckt und abgedichtet wurde, breitete sich die Wolke bereits über eine Stunde lang aus. Am nächsten Morgen traten bei mehreren Kindern in Seveso erste Symptome von Hauterkrankungen auf. Erst zehn Tage später wurde bekannt, dass die Chemikalienwolke Tetrachlordibenzo-p-dioxin (TCDD) enthalten hatte. Diese zur Stoffgruppe der Dioxine zählende Verbindung ist hochgefährlich und führt bereits in geringen Mengen zu Hautverätzungen und Ekzemen sowie zu Leberschäden und Störungen verschiedener Körperfunktionen. Dennoch wurden erst am 26. Juli – mehr als zwei Wochen nach dem Unfall – die ersten Menschen aus umliegenden Wohnungen evakuiert. Es sei geschlampt und verharmlost worden, heißt es immer wieder. Obwohl Bäume plötzlich ihre Blätter verloren und nach und nach fast 3300 Hühner, Kaninchen und andere Kleintiere verendeten, wurde die Bevölkerung beruhigt. Später hat der Schweizer Chemiekonzern Hoffmann-La Roche, zu dem die ICMESA gehört, rund 300 Millionen Franken (heute 385 Millionen Mark) zur Entschädigung der Opfer und für die Beseitigung der Schäden bezahlt. Regierungen und Industrie haben aus Seveso gelernt und die Sicherheitsvorkehrungen verschärft. In der Industrie gibt es im Bereich der Anlagensicherheit so genannte Seveso-Richtlinien, die ausschließen sollen, dass sich eine derartige Katastrophe wiederholt. Da sich Dioxine bei verschiedensten Verbrennungsvorgängen (z. B. von Kunststoffen, insbesondere PVC) bilden, stellen sie jedoch weltweit eine dauerhafte Gefahr dar. Siehe auch folgende enius-News: „Abkommen zur Reduzierung globaler Umweltgifte unterzeichnet“ vom 28.05.2001 „Dioxinbelastung in Vietnam durch Agent Orange so hoch wie nie“ vom 18.05.2001 „Starker Anstieg der Dioxinbelastung durch Tierverbrennung“ vom 24.04.2001 „Dioxinbelastung von Lebensmitteln rückläufig “ vom 27.11.2000 Hinweis: Benutzen Sie das Suchfeld auf der enius-Webseite, um nach weiteren Beiträgen zum Thema „Dioxin“ zu recherchieren. Datum: | 10. 7. 2001 | Quelle: | dpa | Autor: | bearbeitet von Wieland Welsch, Thomas Nowak |
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